Frau schaut entsetzt und verwirrt auf ihren Laptop Whistleblower

Whistleblower in KMU: Ist ein internes Meldesystem notwendig?

Die EU-Hinweisgeberrichtlinie (Whistleblower) wurde nicht im deutschen Recht umgesetzt. Was gilt nun für deutsche Unternehmen? Wir empfehlen bestimmten Betrieben Hinweisgebersysteme einzuführen. Warum? Das erfahren Sie hier.

Immer wieder gelangen mithilfe von Whistleblowern wichtige Informationen an die ahnungslose Öffentlichkeit. Daniel Ellsberg (Pentagon Paper), Julian Assange (Gründer von WikiLeaks) und Edward Snowden (Überwachungspraktiken der NSA) sind sicher einige der bekanntesten. Doch auch in mittelständischen Unternehmen, kann es zu Whistleblowing kommen. 

Beim Whistleblowing, englisch "etwas aufdecken", werden Internas aus Unternehmen und öffentlichen Institutionen aufgedeckt. Dazu gehören beispielsweise illegales Handeln, Korruption, allgemeine Gefahren. Oft sind Kunden und Mitarbeiter Whistleblower. Nachdem sie jedoch – wie das Beispiel Snowden zeigt – extrem unter Druck stehen, sollen Whistleblower EU-weit besser geschützt werden. Denn sie sorgen mit ihren Enthüllungen für Gerechtigkeit. 

Es sind mutige Menschen, die dazu bereit sind, illegale Aktivitäten ans Licht zu bringen, um die Öffentlichkeit vor Fehlverhalten zu schützen - oft unter großer Gefahr für ihre Karriere und ihren Lebensunterhalt. Für ihr mutiges Handeln verdienen sie Anerkennung und Schutz.

EU-Vizepräsidentin Věra Jourová

Ist die EU-Hinweisgeberrichtlinie für Deutsche Unternehmen bindend?

Seit dem 16. Dezember 2019 ist daher die EU-Hinweisgeberrichtlinie 2019/1937 in Kraft getreten. Sie schreibt einheitliche Standards für ein internes Hinweisgebersystem vor. Die Mitgliedstaaten hatten bis Dezember 2021 Zeit, um sie in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland war ein Hinweisgeberschutzgesetz geplant, das Gesetzgebungsverfahren wurde jedoch nicht abgeschlossen. Doch was gilt nun für deutsche Unternehmen?

Europäische Richtlinien verpflichten, im Gegensatz zu europäischen Verordnungen, nicht zum Handeln, wenn die nationale Umsetzung fehlt.

Unsere Empfehlung an betroffene Unternehmen lautet dennoch, schrittweise ein internes Hinweisgebersystem einzuführen. 

Warum wir zu dieser Empfehlung kommen? Arbeitsgerichte sind zu einer richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Rechts verpflichtet. Sie werden also bei Streitigkeiten eher im Sinne der EU-Herangehensweise entscheiden. Auch für deutsche Unternehmen ist es somit sinnvoll ihre internen Meldestrukturen zu prüfen und anzupassen. Hinweisgebern sollten sie eine vertrauliche und sichere Meldemöglichkeit im Unternehmen einräumen. 

Details aus der Richtlinie

Die Richtlinie soll unionsweit Whistleblower schützen und für bessere institutionelle Rahmenbedingungen für Whistleblowing sorgen. Sie enthält beispielsweise Mindeststandards für den Personenschutz von Whistleblowern und gilt für folgende Bereiche:

  • öffentliche Auftragsvergabe
  • Finanzdienstleistungen
  • die Verhütung von Geldwäsche
  • Gesundheitswesen
  • Produkt- und Verkehrssicherheit
  • nukleare Sicherheit sowie
  • Verbraucher- und Datenschutz.

Folgende Unternehmen sind laut der Richtlinie zur Einführung eines internen Meldesystems verpflichtet (sofern es in dem EU-Staat eine nationale Umsetzung gibt):

  • Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern
  • Unternehmen aus dem Finanzdienstleistungsbereich
  • öffentliche Arbeitgeber.

Whistleblower werden dazu angehalten zunächst die internen Kanäle ihrer Organisation zu nutzen, bevor sie auf externe (Behörden-) Kanäle zurückgreifen.

Bei einer Meldung auf Missstände, müssen die adressierten Behörden und Unternehmen innerhalb einer Frist von drei Monaten reagieren und diese weiterverfolgen. Für externe Meldungen kann die Frist in ausreichend begründeten Fällen auf sechs Monate verlängert werden.

Hinweisgebersystem

Ein Hinweisgebersystem wird von Ermittler in Unternehmen und Verwaltungen eingesetzt, um Mitarbeitern und Personen des Umfeldes einen vertraulichen Kommunikationskanal zum Melden möglicher Straftaten und Ethikverstöße zu ermöglichen. Dazu zählen auch Informationen über Missstände und Unregelmäßigkeiten. Das Hinweisgebersystem muss vor allem ein geschützter anonymer Meldekanal sein, denkbar sind

  • (digitale) Briefkästen
  • Beschwerde-Mailadressen
  • Telefon-Hotlines
  • spezifische IT-Tools oder
  • ein externer Ombudsmann.

Auf dem Markt finden sie zahlreiche externe Dienstleister für interne Meldestelle. Beachten Sie u. a. die Vorgaben des Datenschutzes und ein eventuelles Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. (z.B. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG , § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG)

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